Wer den Plan verfolgt, seine eigene Arztpraxis zu verkaufen, sollte dies bereits frühzeitig planen und sich auch mit den anfallenden Steuern beschäftigen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig zu wissen, welche steuerlichen Vorteile ausgeschöpft werden können. Dabei wird es vor allem für die Ärztinnen und Ärzte interessant, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Sodann besteht die Möglichkeit, sowohl vom sog. „halben” Steuersatz als auch von einem steuerlichen Freibetrag Gebrauch zu machen. Damit Sie gut informiert in den komplexen Prozess des Praxisverkaufs starten können, haben wir Ihnen hier die relevanten Steuerbegünstigungen zusammengestellt.
Inhaltsverzeichnis
1. Veräußerungsgewinn berechnen
2. Steuern bei einem Praxisverkauf
3. Steuer- und Tarifbegünstigungen
3.1. Veräußerungsfreibetrag ab 55 Jahre
3.2. Steuertarif-Ermäßigung nach § 34 EStG (sog. „halber” Steuersatz)
4. Sonderfälle und Steuerfallen
4.1. Weiterarbeit nach Praxisverkauf
4.2. Weiterbehandlung von Altpatienten auf eigene Rechnung
4.3. Praxisimmobilie
5. Beispiele zur Berechnung der anfallenden Steuern
5.1. Arzt aus Berufsausübungsgemeinschaft (älter als 55 Jahre, GbR)
5.2. Alleine praktizierender Arzt in eigener Praxis (älter als 55 Jahre, Freiberufler)
5.3. Praxisinhaber in einem MVZ (GmbH)
6. Fazit
FAQs zu Steuern beim Praxisverkauf
Um die bei einem Praxisverkauf anfallenden Steuern zu berechnen, muss zunächst die Höhe des Veräußerungsgewinns ermittelt werden. Dieser berechnet sich nach §16 Abs. 2 EStG in Verbindung mit §18 Abs. 3 EStG.
Der daraus ermittelte Veräußerungsgewinn unterliegt sodann der Einkommensteuer. Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Veräußerungsgewinn bis zu einer Höhe von 45.000 Euro steuerfrei.
Veräußerungsgewinn = Veräußerungspreis – Buchwert des Betriebsvermögens – Veräußerungskosten
Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der eigenen freiberuflichen Arztpraxis gehört grundsätzlich zu den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und ist einkommensteuerpflichtig.
Hierfür müssen alle wesentlichen Betriebsgrundlagen der Praxis verkauft oder zumindest in das steuerliche Privatvermögen überführt werden. Zu den wesentlichen Grundlagen gehören vor allem der Patientenstamm, medizinische Gerätschaften, ggf. die Vertragsarztzulassung und eine etwaige Praxisimmobilie, sofern sich diese im Eigentum befindet. Erfüllt die verkaufende Ärztin oder der verkaufende Arzt darüber hinaus bestimmte Voraussetzungen, können einige steuerliche Vorteile genutzt werden. Zu den wesentlichen Grundlagen einer Praxis gehören demgegenüber beispielsweise nicht die Forderungen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen und Privatpatienten. Diese werden bei einem Praxisverkauf meist nicht an den Erwerber übertragen und stehen dem veräußernden Arzt zu. Der Erwerber muss mit dem Praxiskauf in der Lage sein, den Geschäftsbetrieb fortführen zu können. Die tatsächliche Fortführung ist einkommensteuerlich jedoch irrelevant.
Hinweis: Vertragsarztzulassung:
Ob die Vertragsarztzulassung eine wesentliche Grundlage darstellt, ist strittig. Bei der Zulassung als Vertragsarzt handelt es sich um ein höchstpersönliches unveräußerliches öffentliches Recht, das untrennbar mit der Person des Arztes verbunden ist. Es wird daher vielfach die Meinung vertreten, dass die Vertragsarztzulassung kein Wirtschaftsgut und damit keine wesentliche Grundlage darstellen kann. Dies sollte zumindest für nicht zulassungsgesperrte Bereiche gelten (z. B. Zahnärzte). Die Finanzämter stellen sich jedoch oft gegen diese Rechtsauffassung und unterstellen eine Wirtschaftsguteigenschaft. Um die Steuerbegünstigung nicht zu gefährden, sollte vor dem Praxisverkauf auch vor diesem Hintergrund daher in jedem Falle ein fachkundiger Steuerberater hinzugezogen werden. Im Regelfall wird der Praxiserwerber es aber ohnehin zur Voraussetzung für den Kauf machen, dass die Vertragsarztzulassung auf ihn überführt wird.
Hat die verkaufende Ärztin oder der verkaufende Arzt das 55. Lebensjahr bereits vollendet oder ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dauerhaft berufsunfähig, kann er oder sie sowohl von einem Veräußerungsfreibetrag von bis zu 45.000 Euro als auch von der Anwendung des „halben“ Steuersatzes profitieren.
Wirkung:
Voraussetzungen:
Hinweis:
Tipp:
Hier finden Sie eine Beispielrechnung zum Veräußerungsfreibetrag ab 55 Jahre.
Im Normalfall wendet das Finanzamt auf außerordentliche Einkünfte – wie beispielsweise den Veräußerungsgewinn aus einem Praxisverkauf – die „Fünftelregelung“ an. Diese hat bei hohen laufenden Einkünften aus der regulären Praxistätigkeit regelmäßig aber keine nennenswerte entlastende Wirkung. Mit der Vollendung des 55. Lebensjahres (oder der dauernden Berufsunfähigkeit) ergibt sich allerdings eine weitere wichtige Möglichkeit, um Steuern zu sparen. Es kann sodann der ermäßigte Steuersatz (oder auch „halber“ Steuersatz genannt) nach §34 Abs. 3 EStG angewandt werden.
Wirkung:
Voraussetzungen:
Hinweis:
Tipp:
Hier finden Sie eine Beispielrechnung zum „halben” Steuersatz nach §34 EStG.
Viele Medizinerinnen und Mediziner, die ihre Arztpraxis verkaufen, werden danach in den wohlverdienten Ruhestand treten. Doch wer danach gerne weiterhin einer ärztlichen Tätigkeit nachgehen möchte, sollte genau wissen, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind. Andernfalls drohen böse Überraschungen und schlimmstenfalls der nachträgliche Wegfall der steuerlichen Begünstigungen – sprich eine Nachforderung des Finanzamts.
Wer nach dem Praxisverkauf weiterhin beruflich tätig sein und dabei die beim Verkauf genutzten steuerlichen Begünstigungen nicht gefährden möchte, sollte auf die folgenden Bedingungen genau achten:
Aus steuerlicher Sicht gänzlich unproblematisch ist es, sich nach dem Praxisverkauf in ein Angestelltenverhältnis zu begeben. Hierbei kann beispielsweise der Verkaufende als angestellte Ärztin oder angestellter Arzt weiterhin für den Nachfolger in der Praxis arbeiten. Selbstverständlich kann auch jegliche andere Tätigkeit im Angestelltenverhältnis angenommen werden, ohne dass die steuerlichen Begünstigungen aus dem Praxisverkauf in Gefahr geraten.
Ebenfalls unbedenklich für eine steuerbegünstigte Praxisveräußerung ist die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit, die nicht bedeutet, sich erneut als niedergelassene Ärztin oder niedergelassener Arzt zu betätigen.
Viele Ärztinnen und Ärzte bleiben der Medizin treu, ohne weiter zu praktizieren. Hier bieten sich zum Beispiel Vortrags- oder Gutachtertätigkeiten an sowie das Verfassen von Fachartikeln.
Da diese Aktivitäten grundsätzlich in keinem direkten Zusammenhang mit der verkauften Arztpraxis stehen, können sie steuerunschädlich ausgeübt werden. Steuerlich problematisch wäre es jedoch, wenn z. B. eine Gutachtertätigkeit bereits zuvor in der verkauften Praxis ausgeübt wurde und nach dem Verkauf nahtlos fortgesetzt wird.
Problematisch für den steuerbegünstigten Praxisverkauf kann es sein, wenn der Verkaufende eine neue Praxis gründen und erneut als niedergelassene Ärztin oder niedergelassener Arzt praktizieren möchte. Auch die Veräußerung einer vertragsärztlichen Praxis und die Fortführung einer nur noch privatärztlichen Tätigkeit gefährden die steuerlichen Begünstigungen.
Die Fortsetzung selbstständiger Tätigkeiten ist steuerunschädlich nur möglich, sofern der Verkäufer
Eine „gewisse” Zeit
Wie lange genau die Zeitspanne ist, nach der es aus steuerlicher Sicht unbedenklich ist, eine neue Praxis zu eröffnen, ist gesetzlich nicht definiert. Daher muss man sich hier an Einzelfallentscheidungen orientieren:
Die Fälle von Rechtsanwälten und Steuerberatern sind auf Arztpraxen zu übertragen, da der Gesetzgeber generell von „Freiberuflerpraxen” spricht.
Eine endgültig sichere Zeitspanne, um sich die Steuerbegünstigung auf den Praxisverkauf dauerhaft zu sichern, existiert also nicht.
Als „gewisse” Zeit können allerdings in der Regel drei Jahre ausreichen. Die Beurteilung richtet sich jedoch nach dem Einzelfall. Der Bundesfinanzhof lehnt eine starre Drei-Jahres-Frist als steuerunschädliche zeitliche Grenze ausdrücklich ab.
Der „örtliche” Wirkungskreis
Wer diese Zeitspanne von drei Jahren nicht abwarten möchte, hat noch die Möglichkeit, seinen „örtlichen” Wirkungskreis zu verlassen. Allerdings ist auch dessen Radius nicht gesetzlich definiert; er bestimmt sich aber vor allem durch das Einzugsgebiet der Praxis und ist demnach vom Einzelfall abhängig.
Im Regelfall sieht der Praxisübernahmevertrag zu Gunsten des Erwerbers ein „Wettbewerbsverbot“ vor. In einem solchen verpflichtet sich der veräußernde Arzt innerhalb eines vertraglich definierten Bereichs, sich nicht erneut niederzulassen. Eine solche – zwischen fremden Dritten – zustande gekommene Vereinbarung für den Einzelfall kann grundsätzlich auch für steuerliche Zwecke herangezogen werden.
Planen Sie Ihre Praxis zu verkaufen und sich örtlich zu verlagern? Sprechen Sie hierzu mit einer erfahrenen Steuerkanzlei, damit Sie Ihre steuerlichen Begünstigungen auch dauerhaft in Anspruch nehmen können.
Hinweis:
Auch wenn Sie eine alte Praxis steuerbegünstigt verkauft und eine neue steuerunschädlich eröffnet haben, wird diese neue Praxis zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls wieder abgegeben werden müssen. Da jede Person allerdings nur einmal im Leben die Möglichkeit hat, den Veräußerungsfreibetrag von höchstens 45.000 Euro und den ermäßigten Steuersatz zu nutzen, sollten bereits im Vorfeld genaue Überlegungen angestellt werden. Es müssen nämlich nicht beide steuerlichen Begünstigungen gemeinsam beantragt werden. Möglicherweise ist es für Ihre individuelle Situation sinnvoll, die Anwendung des Freibetrags und des „halben” Steuersatzes voneinander zu trennen und beispielsweise den Freibetrag für den späteren Praxisverkauf aufzusparen. Sprechen Sie hierzu mit einer erfahrenen Steuerkanzlei mit dem Schwerpunkt Heilberufe.
In engen Grenzen kann auch die Weiterbehandlung von ehemaligen Patienten steuerlich unproblematisch sein.
Eine Fortführung der freiberuflichen Tätigkeit in geringem Umfang (Umsatz < 10% des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre) ist möglich.
Achtung:
Von der Weiterbehandlung ehemaliger Patienten auf eigene Rechnung sollte dennoch abgesehen werden. Dieser Weg ist äußerst risikobehaftet und sollte in jedem Fall vorher von einem Steuerberater geprüft und die Einhaltung der 10-Prozent-Grenze in enger Abstimmung überwacht werden. Der Verlust der Steuervorteile auf den Veräußerungsgewinn kann zu hohen Steuernachzahlungen führen. Die Weiterbehandlung von Alt-Patienten steht dann oft in einem Missverhältnis zu den steuerlichen Risiken aus der Verletzung der Geringfügigkeitsgrenze.
Die Hinzugewinnung neuer Patienten – bei gleichzeitiger Unterschreitung der 10-Prozent-Grenze – ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 11.02.2020 nunmehr unschädlich.
Betreibt eine niedergelassene Ärztin oder ein niedergelassener Arzt eine Praxis in einer Immobilie, die sich in ihrem oder seinem Eigentum befindet, so gehört diese Immobilie zu den wesentlichem Betriebsgrundlagen. Soll nun die Praxis verkauft werden, sollte bestenfalls auch die Immobilie mitveräußert werden. Ist dies allerdings nicht möglich oder nicht gewünscht, wird die Immobilie häufig an den Nachfolger vermietet. Damit wird die Immobilie vom Betriebsvermögen ins Privatvermögen des Verkäufers überführt und es kommt zu einer steuerrechtlichen Entnahme.
Eine Entnahme hat allerdings zur Folge, dass Wertzuwächse der Immobilie, die bis zum Zeitpunkt des Verkaufs entstanden sind (stille Reserven), versteuert werden müssen. Es liegt insoweit dann eine Betriebsaufgabe vor. Die geschilderten Steuerbegünstigungen kommen auch in diesem Fall zur Anwendung. D. h. die Besteuerung der stillen Reserven in der Immobilie erfolgt z. B. zum „halben“ Steuersatz.
Formel
Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn aus Praxisimmobilie = Geschätzter Verkaufswert bzw. Verkehrswert der Immobilie – Buchwert (laut Anlageverzeichnis)
Die Gefahr bei diesem Vorgang besteht darin, dass die Folgen kraft Gesetzes eintreten – also ganz automatisch. Ist der Marktwert der Immobilie seit dem Kauf gestiegen, führt allein diese Tatsache schon zu einem Gewinn. Darüber hinaus gilt, dass der Buchwert ursprünglich identisch mit den Anschaffungskosten war, im Laufe der Jahre jedoch um die Gebäudeabschreibungen gesunken ist. Die Verknüpfung aus diesen beiden Elementen kann dann sogar zu einem noch höheren Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn und damit zu einer hohen Steuerbelastung führen. Und das alles, obwohl dem Praxisabgeber zumindest bei einer Entnahme keine zusätzliche Liquidität zufließt.
Um diese Steuerfalle zu umgehen, gibt es verschiedene Beratungsansätze.
Eine Möglichkeit stellt die Gründung einer Immobiliengesellschaft dar. Hierbei wird die Immobilie in eine gesonderte Gesellschaft des Praxisinhabers ausgelagert, sodass der Praxisverkauf unabhängig von der Immobilie ablaufen kann. Die Immobiliengesellschaft sollte dabei die Rechtsform einer GmbH & Co. KG haben. Bei dieser Rechtsform kann durch die richtige Ausgestaltung der Beteiligungs- und Geschäftsführungsverhältnisse gewährleisten, dass die GmbH & Co. KG gewerbliche Einkünfte erzielt. Die Übertragung der Praxisimmobilie kann hierbei ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen. Der Vorgang ist also steuerneutral (§ 6 Abs. 5 EStG). Es würde grundsätzlich auch keine Grunderwerbsteuer anfallen. Um hierbei die Steuerbegünstigung beim Praxisverkauf jedoch nicht zu gefährden, muss die Überführung in die Immobiliengesellschaft mit einigem zeitlichem Abstand zum Veräußerungszeitpunkt der (Rest-)Praxis stattfinden. Zu empfehlen ist ein zeitlicher Abstand von mindestens drei Jahren. Es bedarf insoweit einer vorausschauenden Planung.
Wichtig ist, dass durch diese Gestaltung die liquiditätsbelastende Sofortversteuerung der stillen Reserven in der Praxisimmobilie zwar vermieden wird, die stillen Reserven (und auch künftige Wertzuwächse) aber steuerrelevant bleiben. D. h., sollte die Immobiliengesellschaft bzw. die Praxisimmobilie in (weiter) Zukunft veräußert werden, dann wird die Besteuerung nachgeholt.
Sprechen Sie hierzu mit einer erfahrenen Steuerkanzlei, um die beste Lösung für Ihre individuelle Situation zu finden.
Im Folgenden soll anhand von Beispielrechnungen zu drei Szenarien mit unterschiedlicher Ausgangslage gezeigt werden, welche Steuern konkret anfallen.
Der 57-jährige, alleinstehende und konfessionslose Herr Dr. Meier führt zusammen mit Frau Dr. Weber und Frau Dr. Schneider eine Gemeinschaftspraxis – sprich eine Berufsausübungsgemeinschaft – und möchte seine vertragsärztliche Zulassung sowie den Anteil an der GbR verkaufen. Die zugehörige Praxisimmobilie befindet sich im Eigentum von Herrn Dr. Meier. Sie soll vor dem Verkauf möglichst steuerneutral ausgegliedert werden.
Seinen Veräußerungsgewinn aus diesem Verkauf definieren wir auf 300.000 Euro. Dieser unterliegt der Einkommensteuer.
Da der Veräußerungsgewinn über der Grenze von 181.000 Euro liegt, wird ihm kein Freibetrag gewährt.
Trotzdem kann Herr Dr. Meier die Anwendung des ermäßigten bzw. „halben” Steuersatzes auf seinen Veräußerungsgewinn von 300.000 Euro beantragen.
Der Verkauf soll zum 31.12. des Jahres stattfinden. Bei Annahme weiterer laufender Einkünfte (sein operativer Gewinn aus der Arzttätigkeit bis zum 31.12.) in Höhe von 50.000 Euro sowie insgesamt absetzbare Beträge im Rahmen der Einkommensteuerermittlung in Höhe von 20.000 Euro (Sonderausgaben etc.) im Jahr der Praxisveräußerung ergibt sich ein durchschnittlicher Steuersatz inkl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 41,62%.
Den ermäßigten Steuersatz berechnen wir nun mit 56% auf 41,62%, was zu einem anzuwendenden Prozentsatz von 23,31% führt.
Um diesen Nettogewinn erreichen zu können, muss vorab die Immobilie mit zeitlichem Versatz von mind. drei Jahren vor dem Veräußerungszeitpunkt der Praxis in eine Immobiliengesellschaft ausgelagert werden.
Die Immobilie wird sodann zu Buchwerten in das Sonderbetriebsvermögen des Herrn Dr. Meier bei der Immobiliengesellschaft überführt. Der Vorgang ist steuerneutral.
Herr Dr. Meier hat damit einen Nettogewinn für den Verkauf seines Anteils an der Berufsausübungsgemeinschaft in Höhe von 230.070 € erzielen können, ohne dabei die stillen Reserven der Praxisimmobilie versteuern zu müssen.
Für den Verkauf der freiberuflichen Arztpraxis der allein praktizierenden 63-jährigen, ledigen und konfessionslosen Frau Dr. Schrader definieren wir den Veräußerungsgewinn auf 145.000 Euro. Dieser muss mit Einkommensteuer versteuert werden; Frau Dr. Schrader kann aber die Anwendung des Veräußerungsfreibetrags beantragen. Da der Gewinn über dem Grenzwert von 136.000 Euro liegt, wird der Freibetrag nicht vollständig gewährt.
Der bereits berechnete zu versteuernde Veräußerungsgewinn der Frau Dr. Schrader beträgt 109.000 Euro. Der Verkauf soll zum 31.12. des Jahres stattfinden. Bei Annahme weiterer laufender Einkünfte (operativer Gewinn der Arztpraxis bis zum 31.12.) in Höhe von 45.000 Euro sowie insgesamt absetzbare Beträge im Rahmen der Einkommensteuerermittlung in Höhe von 20.000 Euro (Sonderausgaben etc.) im Jahr der Praxisveräußerung ergibt sich ein durchschnittlicher Steuersatz inkl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 36,46%.
Den ermäßigten Steuersatz berechnen wir nun mit 56% auf 36,46%, was zu einem anzuwendenden Prozentsatz von 20,42% führt.
Frau Dr. Schrader hat sodann einen Nettogewinn für den Verkauf ihrer Arztpraxis in Höhe von 122.743 Euro erzielen können.
Der Mediziner Herr Dr. Schmidt ist ledig, 52 Jahre alt und hält 25% der Anteile an einem MVZ, das als GmbH geführt wird. Nun möchte er seine ärztliche Tätigkeit aufgeben und seine GmbH-Anteile verkaufen. Auf den Veräußerungsgewinn entfällt Einkommensteuer. Dazu kommt, dass die MVZ-GmbH vor sechs Jahren durch eine steuerneutrale Einbringung seiner vormaligen Einzelpraxis nach § 20 UmwStG gegründet wurde. Daher läuft noch eine siebenjährige Sperrfrist und die Begünstigung des Teileinkünfteverfahrens wird nur für sechs Zeitjahre gewährt (6/7). Aufgrund des Sperrfristverstoßes (Verkauf innerhalb der 7-Jahresfrist) muss rückwirkend ein sogenannter Einbringungsgewinn besteuert werden (Aufdeckung der stillen Reserven). Dieser bezieht sich jedoch ausschließlich auf das noch nicht abgelaufene Zeitjahr (1/7).
Den Verkehrswert der Praxis bei der Einbringung vor sechs Jahren definieren wir auf 850.000 € und den aktuellen Verkaufspreis der GmbH-Anteile auf 1.000.000 €. Veräußerungskosten sind nicht entstanden. Der Wert des Betriebsvermögens betrug zum Zeitpunkt der Einbringung 600.000 € (Buchwert). Neben den Einkünften aus dem Verkauf der GmbH-Anteile erzielt Herr Dr. Schmidt Einkünfte in Höhe von 370.000 €. Die insgesamt absetzbaren Beträge im Rahmen der Einkommensteuerermittlung betragen 20.000 Euro (Sonderausgaben etc.).
Herr Dr. Schmidt verkauft seine GmbH-Anteile in der Form eines sog. Share-Deal. Dies bedeutet, dass die Anteile an der GmbH den Besitzer wechseln und nicht die einzelnen Wirtschaftsgüter (Asset-Deal).
Für diesen Vorgang wird anteilig das Teileinkünfteverfahren (6/7) gewährt und es kommt zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns (1/7). Die kumulierte Steuerbelastung beider Vorgänge beträgt bei Anwendung des Grenzsteuersatzes (47,48% einschließlich Solidaritätszuschlag) insgesamt rund 30,18%
Herr Dr. Schmidt hat also aus dem Verkauf seiner Arztpraxis bzw. seiner GmbH-Anteile an einem MVZ einen Nettogewinn von 279.280 € erzielt.
Hinweis:
Um die rückwirkende Besteuerung eines Einbringungsgewinns zu umgehen, ist es sinnvoll, den Verkauf solange hinauszuzögern, bis die Sperrfrist abgelaufen ist. Die Steuerbelastung hätte im vorliegenden Beispiel dann nur noch 28,49% betragen (47,48% x 60%).
Eine Praxisaufgabe oder -veräußerung ist ein wichtiger Schritt, den Sie im Vorfeld gut durchdacht und insbesondere hinsichtlich steuerlicher Gesichtspunkte vorausschauend planen sollten. Daher kann die Unterstützung durch erfahrene und qualifizierte Steuerberater sehr hilfreich sein.
Philipp Peplowski ist Diplom-Finanzwirt (FH), Master of Laws (LL.M.), Steuerberater und Partner der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner mbB.
Als eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Deutschland liegt der Beratungsschwerpunkt unter anderem in der steuerlichen Begleitung und Gestaltung von Unternehmensnachfolgen und Unternehmensverkäufen.
In Zusammenarbeit mit seinem Team veröffentlicht Herr Peplowski regelmäßig Fachpublikationen im deutschsprachigen Raum.
Der Steuersatz, der auf den Veräußerungsgewinn eines Praxisverkaufs angewendet wird, richtet sich nach den individuellen Voraussetzungen des Verkäufers. Hat dieser aber das 55. Lebensjahr vollendet, so kann er die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, auch „halber” Steuersatz genannt, beantragen. Dieser wird mit 56% vom durchschnittlichen Steuersatz bestimmt.
Der Veräußerungsgewinn aus einem Praxisverkauf unterliegt in der Regel der Einkommensteuer. Wer das 55. Lebensjahr vollendet hat, kann einen Freibetrag von bis zu 45.000 Euro und die Anwendung des sog. „halben” Steuersatzes beantragen.
Unproblematisch ist die Aufnahme einer angestellten Tätigkeit; hierbei können die steuerlichen Begünstigungen dauerhaft ausgeschöpft werden. Gleiches gilt für eine selbstständige Tätigkeit fern von der Berufsausübung als Ärztin oder Arzt – also beispielsweise als Fachbuchautor*in. Will der Verkäufer aber weiterhin eine Arztpraxis führen, so muss er die freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit einstellen.
Die isolierte Veräußerung einer vertragsärztlichen Zulassung – z. B. die Veräußerung einer Vertragsarztzulassung unter Weiterführung der privatärztlichen Tätigkeit (sogenannter „Zulassungskauf“) – kann umsatzsteuerpflichtig sein. Eine Umsatzsteuerpflicht aus einem Zulassungskauf droht insbesondere dann, wenn der Praxisabgeber kein Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG ist. Im Falle eines Zulassungskaufs kann der Veräußernde nicht den „halben“ Steuersatz oder den Veräußerungsfreibetrag geltend machen. Aus Erwerbersicht kommt hinzu, dass er auf den Kaufpreis keine steuermindernde Abschreibung erhält.
Disclaimer:
Bitte beachten Sie, dass sich unsere Inhalte zu Rechtsthemen nur auf abstrakte Rechtsfragen beziehen und eine individuelle steuerliche Beratung durch einen Steuerberater nicht ersetzen können.
Kommentare