Wer den Plan verfolgt, sein eigenes Unternehmen zu verkaufen, sollte sich bereits frühzeitig mit den anfallenden Steuern beschäftigen – aber auch wissen, welche steuerlichen Vorteile er ausschöpfen kann. Dabei wird es vor allem für die Unternehmer interessant, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Damit Sie gut informiert in den komplexen Prozess des Unternehmensverkaufs starten können, haben wir Ihnen hier die relevanten Steuervergünstigungen zusammengestellt.
Hinweis:
Die nachfolgend dargestellten Rechtsfolgen lassen sich auf Beteiligungen an Personengesellschaften (z.B. GbR, oHG, PartG und KG) sinngemäß übertragen. Sie gelten aber nicht für die Veräußerungen von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, z. B. einer GmbH.
Inhaltsverzeichnis
Veräußerungsfreibetrag
Ermäßigter Steuersatz ab 55. Lebensjahr
Fazit
Wer sein Unternehmen nach seinem 55. Geburtstag veräußert, kann steuerlich von einem gesetzlich festgelegten Veräußerungsfreibetrag profitieren. Gleiches gilt im Falle der Berufsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Das heißt, der Veräußerungsgewinn muss unter bestimmten Voraussetzungen nicht komplett versteuert werden.
Laut § 16 Abs. 4 EStG beträgt der Veräußerungsfreibetrag 45.000 Euro und kann einmalig im Leben in Anspruch genommen werden. Hierfür muss ein Antrag gestellt werden.
Achtung:
Übersteigt der Veräußerungsgewinn die Grenze von 136.000 Euro, schmilzt der Freibetrag dementsprechend um den übersteigenden Betrag ab.
Daraus folgt, dass sich ab einem Veräußerungsgewinn von 181.000 Euro kein steuerlicher Freibetrag mehr anwenden lässt.
Daher ist dieser Veräußerungsfreibetrag vor allem für den Verkauf von Unternehmen geringerer Größe und damit niedriger Unternehmensbewertungen bzw. Verkaufspreise interessant.
Für den Verkauf des Unternehmens des 63-jährigen, ledigen und konfessionslosen Herrn Müller definieren wir den Veräußerungsgewinn auf 145.000 Euro. Dieser muss mit Einkommensteuer versteuert werden; Herr Müller kann aber die Anwendung des Veräußerungsfreibetrags beantragen. Da der Gewinn über dem Grenzwert von 136.000 Euro liegt, wird der Freibetrag nicht vollständig gewährt.
Im Normalfall wendet das Finanzamt auf außerordentliche Einkünfte – wie beispielsweise den Veräußerungsgewinn aus einem Unternehmensverkauf – die Fünftelregelung an.
Mit der Vollendung des 55. Lebensjahres (oder der dauernden Berufsunfähigkeit) ergibt sich allerdings eine weitere wichtige Möglichkeit, um Steuern zu sparen. Auf Transaktionseinkünfte kann sodann der ermäßigte Steuersatz (oder auch „halber“ Steuersatz genannt) nach § 34 Abs. 3 EStG angewandt werden. Dieser ist ebenfalls antragspflichtig und wird nur ein Mal im Leben gewährt.
Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56% des durchschnittlichen Steuersatzes. Der Durchschnittssteuersatz ermittelt sich anhand des individuellen zu versteuernden Einkommens im Jahr der Betriebsveräußerung. Da in diese Durchschnittssteuersatzberechnung auch der Veräußerungsgewinn selbst einbezogen wird, ist der Durchschnittssteuersatz im Veräußerungsjahr entsprechend hoch (im Regelfall nahe 42%).
Auch in diesem Szenario existiert ein Grenzwert: Übersteigt der Veräußerungsgewinn den Betrag von fünf Millionen Euro, hat der Unternehmensverkäufer auf den übersteigenden Betrag keinen Anspruch mehr auf den ermäßigten Steuersatz.
Hinweis:
Außerdem unterliegt der Veräußerungsgewinn grundsätzlich insoweit nicht dem ermäßigten Steuersatz, als dass er auf den Verkauf von im Betriebsvermögen befindlicher Anteile an Kapitalgesellschaften entfällt (z. B. GmbH-Anteile). Dem liegt zugrunde, dass Veräußerungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH) bereits einer Steuerbegünstigung unterliegen: dem sogenannten „Teileinkünfteverfahren“ (§ 3 Nr. 40 EStG). Hiernach sind die Gewinne aus Anteilsveräußerungen nur zu 60% steuerpflichtig. Der anteilige Gewinn, entfallend auf die Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft, bei einer Betriebsveräußerung unterliegt damit nicht zusätzlich dem ermäßigten Steuersatz (Vermeidung einer Doppelbegünstigung).
Die bereits oben ausgeführte Berechnung des zu versteuernden Veräußerungsgewinns des Herrn Müller betrug 109.000 Euro. Der Verkauf soll zum 31.12. des Jahres stattfinden. Bei Annahme weiterer laufender Einkünfte (operativer Gewinn des Unternehmens bis zum 31.12.) in Höhe von 191.000,00 Euro im Jahr der Betriebsveräußerung, ergibt sich ein durchschnittlicher Steuersatz inkl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 41,04%.
Den ermäßigten Steuersatz berechnen wir nun mit 56% auf 41,04%, was zu einem anzuwendenden Prozentsatz von 22,98% führt.
Herr Müller hat sodann einen Nettogewinn für den Verkauf seines Unternehmens in Höhe von 119.810,10 Euro erzielen können.
Wenn Herr Müller im Jahr nach der Unternehmensveräußerung nur noch geringe Einkünfte erzielen würde, z. B. aus einer Rente, dann kann zur steuerlichen Optimierung angedacht werden, dass der Verkauf bewusst auf den Anfang des nächsten Jahres gelegt wird, z. B. den 02.01. des Folgejahres. Bei der Annahme einer steuerpflichtigen Rente von 20.000 Euro im Folgejahr (Wegfall von 191.000 Euro operativem Gewinn) würde sich bei einer Veräußerung im Folgejahr folgende reduzierte Steuerbelastung aufgrund des niedrigeren Durchschnittssteuersatzes ergeben:
Der Durchschnittssteuersatz (inkl. Solidaritätszuschlag) beträgt durch die Minderung der laufenden Einkünfte nur noch 36,67%. Durch die Verlegung des Übertragungsstichtags auf den 02.01. des Folgejahres mindert sich die Steuerbelastung damit um 4,59%. In absoluten Beträgen heißt das Folgendes:
Den ermäßigten Steuersatz berechnen wir nun mit 56% auf 36,67%, was zu einem anzuwendenden Prozentsatz von 20,54% führt.
Die Steuerlast mindert sich also durch diese einfache Gestaltung um 4.185,60 Euro.
Wie es für den gesamten Prozess des Unternehmensverkaufs gilt, so ist eine langfristige und frühzeitige Planung auch ausschlaggebend, wenn es darum geht, existierende steuerliche Vergünstigungen auszuloten und in vollem Umfang nutzen zu können. Vor allem für Unternehmer mit vollendetem 55. Lebensjahr werden hier einige Möglichkeiten relevant.
Während der Veräußerungsfreibetrag vor allem für Unternehmen kleinerer Größe Bedeutung hat, birgt der ermäßigte Steuersatz auch für höhere Veräußerungsgewinne erhebliche steuerliche Vorteile.
Darüber hinaus können Sie mithilfe einer Betriebsveräußerung im Ganzen einen steuerlich begünstigten Unternehmensverkauf anstreben.
In jedem Fall spielt die Unterstützung durch erfahrene und qualifizierte Steuerberater für jeden Unternehmer eine große Rolle – sowohl anlässlich eines konkreten Unternehmensverkaufs als auch bereits im Vorfeld.
Philipp Peplowski ist Diplom-Finanzwirt (FH), Master of Laws (LL.M.), Steuerberater und Partner der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner mbB.
Als eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Deutschland liegt der Beratungsschwerpunkt unter anderem in der steuerlichen Begleitung und Gestaltung von Unternehmensnachfolgen und Unternehmensverkäufen.
In Zusammenarbeit mit seinem Team veröffentlicht Herr Peplowski regelmäßig Fachpublikationen im deutschsprachigen Raum.
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