Verkauft ein Unternehmer seinen Betrieb an einen anderen Unternehmer, kommt es zu einigen Einzelleistungen – dazu gehören beispielsweise die Übertragung von Rechten und die Transaktion von Vermögensgegenständen. Wenn es sich um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG handelt, fällt dabei keine Umsatzsteuer an. Zu einer Umsatzsteuerersparnis durch eine Geschäftsveräußerung im Ganzen kommt es dann, wenn ein Betrieb oder ein in der Gliederung gesondert geführter Betrieb im Ganzen unentgeltlich oder entgeltlich übergeben oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Bei einem solchen Vorgang kann es aus steuerlicher Sicht zu schwerwiegenden Fehlern kommen, weshalb es immer ratsam ist, eine qualifizierte Steuerberatung in Anspruch zu nehmen.
Um bereits vorab mehr zu den genauen Voraussetzungen und Folgen einer Betriebsveräußerung im Ganzen und den Möglichkeiten, wann Umsatzsteuer eingespart werden kann, zu erfahren, lesen Sie hier weiter.
Inhaltsverzeichnis
1. Voraussetzungen für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen
1.1. Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen
1.2. Unentgeltliche Geschäftsveräußerung
1.3. Fortführung des Unternehmens
2. Wann darüber hinaus eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt
2.1. Gesondert geführter Betrieb
2.2. Verkauf eines einzelnen Grundstücks
3. Steuerliche Hürden: Grundstücksübertragung außerhalb einer Geschäftsveräußerung
4. Folgen der Einzelrechtsnachfolge
5. Gesonderter Umsatzsteuerausweis
Fazit
FAQ
Damit eine Geschäftsveräußerung im Ganzen tatsächlich greift, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Darunter sind die Folgenden besonders hervorzuheben.
Damit eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nach Abschn. 1.5 Abs. 1 UStAE vorliegt, muss der verkaufende Unternehmer dem Käufer grundsätzlich alle wesentlichen Betriebsgrundlagen der Firma oder des Teilbetriebs übergeben. Eine Ausnahme für die Zurückbehaltung einzelner wesentlicher Betriebsgrundlagen gilt dann, wenn der Verkäufer diese dem kaufenden Unternehmer langfristig vermietet oder verpachtet. Die Langfristigkeit wird anhand der geplanten Vermietungsdauer festgelegt. Generell wird umsatzsteuerlich von einer Mindestdauer von 6 Monaten ausgegangen. Die Übertragung muss grundsätzlich in einem einheitlichen Vorgang erfolgen. Es kann jedoch auch in mehreren Teilschritten übertragen werden, wenn ein zeitlich enger Zusammenhang besteht und der Wille der ganzheitlichen Übertragung erkennbar ist. Die Übertragung darf nur auf einen Erwerber/eine Erwerbergruppe erfolgen.
Hinweis: Bei der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft (Share Deal) ist zu beachten, dass diese Vorgänge als außerunternehmerische Vorgänge nicht steuerbar bzw. hilfsweise nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Die Regelungen zur Geschäftsveräußerung im Ganzen sind damit vorwiegend für Asset-Deals relevant.
Auch unentgeltliche Unternehmensübereignungen sind nach §1 Abs. 1a UStG nicht umsatzsteuerbar.
Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen kann dann angenommen werden, wenn der Käufer des Betriebs selbst ein Unternehmer ist und die Firma weiterhin führt. Es ist allerdings ausreichend, wenn der Käufer mit diesem Erwerbsvorgang das erste Mal unternehmerisch tätig wird. Dies gilt ebenso, wenn das Unternehmen in veränderter Form fortgeführt wird. Findet jedoch direkt nach dem Kauf eine Abwicklung des Unternehmens statt, so ist der Vorgang insgesamt umsatzsteuerpflichtig.
Als weitere Voraussetzung für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gilt darüber hinaus, dass die Summe der übertragenen Vermögensgegenstände dem Käufer die Fortführung einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht.
Allerdings kann eine ganzheitliche Geschäftsveräußerung auch ohne die Übertragung des (Betriebs-)Grundstücks gegeben sein. Dies ist dann der Fall, wenn erstens, für eine wirtschaftliche Betätigung kein spezielles Geschäftslokal benötigt wird, oder zweitens, der Käufer selbst Zugang zu einer passenden Immobilie hat, in der alle übertragenen Gegenstände und Unternehmensbestandteile, die zur Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit notwendig sind, ihren Platz finden.
Erfordert die Fortführung des Unternehmens jedoch zwingend das bestehende Geschäftslokal, so muss dieses in jedem Fall beim Verkauf übertragen oder zumindest an den Erwerber langfristig vermietet werden.
Hinweis: Auch wenn ein solcher Mietvertrag für ein Geschäftslokal auf unbestimmte Zeit und mit der Möglichkeit zur kurzfristigen Kündigung abgeschlossen wurde, darf das Finanzamt daraus nicht schließen, dass der Käufer die sofortige Abwicklung des Unternehmensbetriebs anstrebt. Auch unter dieser Voraussetzung ist die Geschäftsveräußerung demnach nicht steuerbar.
Laut § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen auch dann vorliegen, wenn ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet wird (umsatzsteuerlicher Teilbetrieb). Dies trifft beispielsweise zu, wenn der übertragene Teilbetrieb vom Käufer als selbstständiges wirtschaftliches Unternehmen weitergeführt werden kann (z. B. selbstständige Standorte). Dafür ist es außerdem nicht zwingend erforderlich, dass dieser Teilbetrieb bereits im vorigen Unternehmen als organisatorisch selbstständiges Unternehmen betrachtet und geführt wurde.
Umsatzsteuer bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen fällt außerdem nicht an, wenn von mehreren vermieteten Grundstücken ein Grundstück verkauft wird, der Käufer den Mietvertrag beibehält und dabei die Übereignung eines gesondert geführten Betriebs im Ganzen stattfindet.
Hinweis: Nach Umsatzsteuerrecht ist immer dann von einem gesondert geführten Betrieb auszugehen, wenn ein Teilbetrieb im Sinne des Einkommensteuerrechts (R 16 Abs. 3 EStR) vorliegt. Ein vermietetes Grundstück kann dabei als wirtschaftlich selbstständiger Teilbetrieb angesehen werden.
Nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs handelt es sich nicht um eine Geschäftsveräußerung, wenn der Verkäufer eines Grundstücks dessen Vermietung bereits vor dem Verkauf eingestellt hatte oder wenn das Grundstück an den bisherigen alleinigen Mieter verkauft wird, da der Erwerber die Vermietungstätigkeit nicht fortführt.
Hinweis: Bei der (Mit-)Veräußerung von Betriebsimmobilien ist es aus Verkäufersicht ratsam, dass in den Kaufvertrag eine Klausel aufgenommen wird, nach der eine Option zur Umsatzsteuerpflicht nach § 9 UStG ausgeübt wird. Denn sollte keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen und dem Erwerber aus dem Kauf ein Vorsteuerabzug entstehen (Erwerb von Immobilien zur vorsteuerunschädlichen Weiterverwendung), dann wird durch die Option eine Umsatzsteuerfreiheit des Verkaufs nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ausgehebelt. Dadurch vermeidet der Verkäufer, dass er wegen eines umsatzsteuerfreien Immobilienverkaufs geltend gemachte Vorsteuer der letzten zehn Jahre an das Finanzamt zurückzahlen muss. Wichtig ist, dass die Steuerklausel zur umsatzsteuerlichen Option bei Immobilientransaktionen nicht „bedingungsfeindlich“ ausformuliert werden darf. Andernfalls entfaltet die umsatzsteuerliche Option keine Wirkung.
Darüber hinaus wird von einer umsatzsteuerpflichtigen Geschäftsveräußerung ausgegangen, wenn ein Bauträgerunternehmen ein Grundstück veräußert. Unter dieser Voraussetzung führt der Käufer nämlich nicht das Bauträgerunternehmen weiter, sondern beginnt die Führung eines (neuen) Vermietungsunternehmens.
Hinweis: Die Grundstücksveräußerung bleibt in diesem Zusammenhang nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG grundsätzlich steuerfrei, wobei nach § 9 UStG freiwillig zur Umsatzsteuerpflicht „optiert“ werden kann, was oftmals im Interesse des Verkäufers liegt (keine Rückzahlung von in den letzten zehn Jahren geltend gemachter Vorsteuer an das Finanzamt).
Liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, tritt der Käufer nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG an die Stelle des Verkäufers. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Einzelrechtsnachfolge. Diese wirkt sich vor allem auf die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG aus.
Hinweis: Zu beachten ist in diesem Kontext, dass die nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen selbst nicht zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führt. Außerdem wird der Berichtigungszeitraum durch sie nicht unterbrochen, sondern nach § 15a Abs. 10 UStG durch den Käufer fortgeführt. Daraus folgt, dass der Käufer eine Vorsteuerberichtigung vornehmen muss, wenn sich bei ihm innerhalb des restlichen Berichtigungszeitraums der Prozentsatz der vorsteuerunschädlichen Nutzung ändert. Um dem Käufer eine Korrektur zu ermöglichen, ist der Verkäufer verpflichtet, ihm einige Angaben zu machen. Dazu gehört die Höhe der Vorsteuer, die insgesamt für die Anschaffung angefallen ist. Außerdem geht es um Aussagen zum Beginn der erstmaligen Verwendung des Gegenstandes, zum Prozentsatz der vorsteuerunschädlichen Nutzung im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung sowie zur Nutzungsdauer, die zugrunde gelegt wurde.
Besonderheit: Im Zuge der Einzelrechtsnachfolge ist der Käufer eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs an die Option zur Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 Satz 2 UStG gebunden, die der Verkäufer unter Umständen zu einem früheren Zeitpunkt erklärt hat. Ist dies der Fall, muss der Käufer seine Umsätze bis zum Ablauf der vom Verkäufer angestoßenen Bindungsfrist (von fünf Jahren) ebenso nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes versteuern.
Aus Käufersicht sollten daher die in den letzten Jahren durch den Verkäufer geltend gemachten Vorsteuerbeträge durchleuchtet (z. B. im Rahmen einer Tax-Due-Diligence) und geprüft werden, ob innerhalb des (restlichen) Berichtigungszeitraums eine Änderung der umsatzsteuerlichen Verhältnisse nach Erwerb abzusehen ist. Über eine dadurch zu Lasten des Käufers eintretende nachgelagerte Umsatzsteuer aus einer Berichtigung nach § 15a UStG sollten sich die Parteien vorab klar sein und ggf. Ausgleichs- und Mitwirkungsmechanismen im Kaufvertrag festlegen.
Handelt es sich bei einer Transaktion um eine von der Umsatzsteuer ausgenommene Geschäftsveräußerung im Ganzen, hat der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer aber dennoch im Kaufvertrag oder einer anderen Rechnung ausgewiesen, so schuldet er diese Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis).
Tipp: Hat ein Unternehmer die Umsatzsteuer fälschlicherweise ausgewiesen, existiert ein möglicher Ausweg. Er muss den inkorrekten Steuerausweis gegenüber dem Leistungsempfänger für ungültig erklären und die Rechnung berichtigen. Der Empfänger der Rechnung darf jedoch noch keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht haben. Andernfalls muss der Veräußerer nachweisen, dass der Verkäufer die zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt hat (Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens). Ein solches Berichtigungsverfahren kann sehr zeit- und kostenintensiv sein, weshalb beide Parteien große Ressourcen einsparen, wenn sie sich vorab über die zutreffende Rechnungserstellung verständigen.
Der vorausschauende Blick auf eine mögliche Nichtsteuerbarkeit der Geschäftsveräußerung kann sehr vorteilhaft sein. Prüfen Sie daher grundsätzlich bei einem Unternehmensverkauf und insbesondere bei der Veräußerung von Immobilien eingehend, ob eine Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG greifen kann. Um sowohl steuerrechtlich keine tiefgreifenden Fehler zu machen (kein Verlust von Vorsteuererstattungen aus der Vergangenheit für den Verkäufer) als auch von möglichen Steuerbegünstigungen profitieren zu können (keine Umsatzsteuerbelastung aus dem Kauf für den Erwerber), empfiehlt es sich in jedem Fall, rechtzeitig einen spezialisierten Steuerberater hinzuzuziehen.
Philipp Peplowski ist Diplom-Finanzwirt (FH), Master of Laws (LL.M.), Steuerberater und Partner der Kanzlei Laufenberg Michels und Partner mbB.
Als eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Deutschland liegt der Beratungsschwerpunkt unter anderem in der steuerlichen Begleitung und Gestaltung von Unternehmensnachfolgen und Unternehmensverkäufen.
In Zusammenarbeit mit seinem Team veröffentlicht Herr Peplowski regelmäßig Fachpublikationen im deutschsprachigen Raum.
Es kommt zu einer Geschäftsveräußerung, wenn eine Firma oder ein in der Gliederung einer Firma gesondert geführter Betrieb im Ganzen unentgeltlich oder entgeltlich übergeben oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der Unternehmenskäufer tritt nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG an die Stelle des Verkäufers.
Sofern eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nach §1 Abs. 1a UStG vorliegt, fällt für diese Transaktion keine Umsatzsteuer an. Dies gilt grundsätzlich für Unternehmer mit umsatzsteuerfreien Ausgangsumsätzen – demnach beispielsweise auch für Ärzte, Vermieter von Wohnimmobilien, Kleinunternehmer oder Land- und Forstwirte.
Bei einer Betriebsveräußerung in Form eines Asset Deals (Verkauf der Summe der einzelnen Wirtschaftsgüter) ist der Veräußerer als Gesellschafter in der Regel auch ein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG. Es muss geprüft werden, ob alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber übertragen werden. Liegen auch die weiteren Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, kann § 1 Abs. 1a UStG greifen. Dies würde dazu führen, dass keine Umsatzsteuerpflicht besteht.
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